signifikante Korrelate

/ 2022

Künstler*in: Hans Peter Röhe-Hansen
Objekt-Standort: Christianstrasse 91 in 24534 Neumünster

Was sehen wir, wenn wir die Fassadenmalerei betrachten?
(Auszug aus der Eröffnungsrede)

Rein formal bestrachtet, ein sehr symmetrisch strukturiertes, feinteiliges Musterfeld, welches sich von einem Zentrum aus in vier verschiedene Richtungen entwickelt, sodass sich Felder mit verschiedene Ordnungen, Verdichtungen und farbig gefassten Zonen ergeben. Ein relativ homogener Bildkomplex, der aus vielen kleinen und gleichen Teilen besteht, die in Anordnung und Ausrichtung im Detail allerdings variieren und sich somit Felder mit differenzierten Ordnungen und unterschiedlichen Gestalten ergeben.

Nach den Worten einiger Passanten erinnert die Malerei an orienentalische Teppich- und Webmuster, oder an ein spanisches Kachelwerk (ein sogenanntes Azulejo), etwas moderner könnte man auch von einer Pixelästhetik aufgrund der einzelnen deutlich abgegrenzten Bildbausteine sprechen. Letztlich ein Ornament dessen Farbgebung meist als besonders harmonisch und angenehm bewertet wurde.

All diese Beschreibungen und Assoziationen deuten stilistisch in die richtige Richtung, in der Fassadenmalerei von Hans Peter Röhe-Hansen stecken aber deutlich andere kulturelle Motive, als beispielsweise in dem hochgeschätzten islamischen Ornament, welches ja bekanntlich primär durch ein Bildverbot (dem Abbildungsverbot Mohammeds) motiviert ist.

Die europäische und westliche Kunstgeschichte hatte andere Motive um stilistisch auch ähnliche Bildlichgestalten zu entwickeln. Hier ist das naturwissenschaftliche Weltbild und der mathematisch experimentelle Blick hinter die unmittelbare Sinnlichkeit entscheidend. Es ist eine Bildwelt, die sich mit naturwissenschaftlichen Instrumenten und Theorien erst auftut. Ein anschauliches Beispiel für ein solches naturwissen-schaftliches Bild, wäre z.B. das Periodensystem der Elemente, welches unser strukturelles Verständnis der Bau- und Bestandteile der materiellen Welt darstellt und beschreibt.

Das Periodensystem der Elemente wäre also ein deutlich passendere Analogie zum dem vorliegenden Bild und den Motiven seines Verfassers.

Denn auch in der europäischen Malereigeschichte gibt es seit dem Beginn der Moderne (um 1900) das Motiv der Analyse der grundlegendsten Elemente der Malerei, welche in einem abstrakten Bild letztlich Farbe und Form sind.

Diese werthaltig und sinnstiftende Beziehung und das genauere Verhältnis von Farbe und Form wurden auch vom Künstler Hans Peter Röhe-Hansen schon in den 70er Jahre experimentell untersucht und anschließend – sagen wir in den letzten 20 Jahren – zu einer Theorie der unbunten Farben philosophisch und ästhetisch ausgearbeitet.

Dabei hat sich ein besonderer Punkt herauskristallisiert, der als Referenzwert, als Ausgangspunkt und absolute Mitte, die Farbwelt des Menschen innerlich strukturiert und organisiert. Diese unbunte Mitte, steht folglich auch hier in der Fassadenmalerei im Zentrum des Bildes.

Es geht Hans Peter Röhe-Hansen somit um eine Kunst die weit über den unmittelbar sinnlichen und dekorativen Wert hinaus reicht und zudem sehr grundsätzlich unser sinnliches Verhältnis zur Welt reflektiert.

Auch wenn es heute in der Postmoderne gründlich aus der Mode gekommen ist, sich mit größeren sinngebenden Entwürfen und Utopien zu beschäftigen – es herrscht wohl eher eine Resignation gegenüber dem unlösbaren und komplexen Ganzen vor – so stellt die Arbeit von Hans Peter Röhe-Hansen einen heute selten gewordenen Versuch dar, ein lebensbejahendes (affirmativ) Schönes zu fassen. Ja man könnte sogar soweit gehen und sagen, dass die altehrwürdige Relevanz des Wortes „harmonsich“ als Einheit von Maß und Wert, hier eine neue, aufgeklärte Begründung bekommt und fortan in unsere Gegenwart und ihren Alltag hineinwirken kann.

© PRHS _ 2022